ein weiteres Leben wie verschenkt.
sie hören seine Stimme nie wieder.
dieser, den man nicht zurückholen kann.
Und nie wieder seine Hand berühren.
auf ewig und endgültig werden sie bei dem Toten sein.
sie sind ohne Hoffnung und ohne Licht.
jedem wird mal der beste Freund genommen.
aber dies auch ohne sie niederzuschreiben.
doch viele werden uns nicht vergessen.
Das Urwald-Leben
Hallo, ich bin Marina-Toblerone´!
Ich weiß, das hört sich erst einmal komisch an. Aber bald werdet ihr sehen, dass mein
Name eigentlich so ziemlich normal ist. Warum normal? Gibt es denn noch
mehr so komische Namen da, wo ich lebe? Ja,die gibt es! Aber das werdet
ihr innerhalb meiner Erzählung erfahren.
Ich berichte euch nämlich aus meinem Leben im Urwald Maharidschi (seht ihr, wieder so ein komischer Name). Dieser Urwald ist ein bisschen
unbekannt, also eigentlich kennt ihn niemand der „normalen“ Menschen- außer sie haben Phantasie.Meine FamilieAls erstes stelle ich euch mal meine Familie vor: Papa Kaloldowiztki (komischer Name, nicht?), Mama Oldolhude, Bruder Rasmus (einer der vernünftigen Namen), Schwester Tatschi (mein Zwergtiger! Sooooo süß!), Opa Gerdtrosselbold (ein sehr,sehr seltener und besonderer Name! Sagt zumindest Opi immer. Hi,hi,hi!), Oma Trudelweihma und natürlich ich: Marina-Toblerone´ (ich habe einen Doppelnamen).
Viele werden sich fragen: „ Woher stammen diese Namen und gibt es eigentlich Nachnamen bei diesen komischen Urwaldmenschen? Es gibt hier keine Nachnamen und unsere unterschiedlichen Namen kommen durch Würfelspiele, die wir immer kurz vor der Geburt eines neuen Urwaldmenschen spielen, zustande. Nachnamen gibt es nicht, weil es jeden Namen nur einmal geben kann und im Grunde sind wir alle in unserem Dorf miteinander verwandt.Kommen wir zum nächsten Thema:Mein Dorf und unsere BehausungenUnser Dorf ist so ziemlich das kleinste und einzige Dorf im Urwald Maharidschi. Es heißt Maharidschidorf. Langweilig oder? Ich hätte es vielleicht „Matzthekendorf“ oder „Hibiskusdorf“ genannt, denn Hibiskus wächst hier eh so viel. Man kann daraus auch sehr leckeres Essen machen. Ich liiiiiiiibe Hibiskustorten und Tatschi auch.
Na ja, aber gerade geht es ja nicht um Hibiskus, sondern um unser Dorf und unsere Behausungen. Wir, das sind die Dorfbewohner und natürlich meine Familie, leben an einer Feuerstelle. Sie steht in der Mitte und drumherum sind solche Mini-Gestelle mit Palmenblättern obendrauf.
Wenn ihr jetzt glaubt, uns ist kalt oder so,dann liegt ihr komplett falsch! Denn einem ist nicht kalt, schon gar nicht bei 35° C in der Nacht!Meine FreundeJetzt erzähle ich euch etwas über meine Freundinnen Hasimenke und Gerlonudel:
Wir kleben zusammen wie gekochte Spaghetti und wir gehen in die gleiche Klasse. Regelmäßig nach den Hausaufgaben treffen wir uns mit unseren Zwertigern. Dann studieren wir Kunststücke ein und am Wochenende führen wir diese unseren Eltern vor. Manchmal backen wir auch unsere beliebten Kakalacookies oder kochen leckere Krötenpuffer-die müsst ihr unbedingt einmal probieren. Wir gehen auch gerne in den Dschungelzoo und schauen uns dort die Popoaffen an. Häufig dürfen wir auch den Pflegern beim Füttern der Tiere helfen und können so bis zum Einbruch der Dunkelheit im Dschungelzoo bleiben.
Am liebsten aber veranstalten wir eine Dschungeldisco und laden dazu unsere Schulkameraden ein. Oft tanzen auch sprechende Papageien wie wild mit, um ihre Weibchen anzulocken- das ist immer ein Lärm! Aber trotzdem macht es immer wieder Spaß.Meine SchuleMeine Schule ist die einzige weit und breit. Sie ist schön bunt und eigentlich ist es ein riesiges Baumhaus in einem 2000 Jahre alten Picassobaum.
Wir haben sogar einen eigenen Schulzoo mit zahmen Schlangen, 5cm großen Ameisen, 2cm großen Taschenfledermäusen und niedlichen Schnappschildkröten.
Es gibt nur eine Klasse, in der 15 Kinder im Alter zwischen 6 und 12 sind. Denn wir sind ja nur ein kleines Dorf. Die älteren Kinder brauchen nicht mehr in die Schule gehen, weil sie ihren Eltern im Urwald helfen müssen. Ich bin so froh, dass ich erst 10 Jahre alt bin, denn Schule macht mir sehr viel Spaß und ich lerne jeden Tag neue Dinge über unser Leben hier.Meine FreizeitWenn ich nicht gerade mit meinen Freundinnen Hasimenke und Gerlonudel spiele, gehe ich gerne in die Innenstadt des Maharidschidorfs. Dort gibt es viele bunte, verrückte Geschäfte. Ich bummele gerne und bin immer auf der Jagd nach Krimskrams. Hier bezahlen wir nicht, sondern wir tauschen (das ist auch gute so, denn sonst würde ich in meinem Krimskrams versinken). Manchmal gehe ich auch ins Dschungelfreibad- das ist kostenlos und dort können wir sogar schwimmen lernen. Der neueste Hit ist aber unser neues Dschungelkino. Dort laufen Filme wie „Das Dschungelbuch“, „Raus aus dem Dschungel“ und „Die Jagd nach dem Riesentiger“. Mein größter Wunsch aber ist, ein Instrument zu lernen-vielleicht das Schlangenhorn oder die Tigerbratsche, denn es gibt hier auch ein Urwaldorchester.
So, nun wisst ihr also, wie es bei uns im Urwald zu geht. Eigentlich ist es bei uns nicht viel anders als bei euch-vielleicht machen wir uns weniger Stress und haben viel mehr Zeit und Spaß!
Wenn ihr mal zu uns in den Maharidschi-Dschungel kommen möchtet, so seid ihr jederzeit herzlich willkommen: legt euch einfach ins Bett und macht die Augen zu!
Ich warte auf euch und wünsche euch schöne Träume!
Eure Marina-Toblerone
Im Zwielicht
Es war mal wieder Freitag und ich war gerade dabei die Werbezettel von unserer Bäckerei auszuteilen. Es war ein kleiner Nebenjob um mein Taschengeld aufzubessern. Ich war schon fast fertig, aber ich musste noch zu diesem einem Haus, welches ganz abseits unseres Dorfes lag. Es war eine kleine, dunkle Holzhütte, die im Wald stand. Ich mochte sie nicht, sie hatte so eine finstere Aura, wie ich fand. Außerdem sollte da eine alte Frau wohnen, die angeblich nicht mehr ganz richtig im Kopf war…
Ich nahm einen Zettel aus der Tüte in meinem Fahrradkorb und ging langsam und aufmerksam den steinigen Weg zum Haus entlang.Ich fühlte mich unwohl. Dann hob ich die Klappe hoch, die den Türschlitz verdeckte und wollte den Zettel hindurch schieben. Plötzlich schnellte eine Hand aus dem Türschlitz hervor und packte mich am Handgelenk.Ich ließ den Zettel fallen. Von der Hand ging eine enorme Wärme aus, dass ich fast dachte, ich hätte meine Hand auf eine glühende Herdplatte gelegt. Vor Schreck und vor Schmerz schrie ich auf. Ich schätze mal, die Hand gehörte der älteren Frau; sie hatte viele Falten und war sehr , so dass man die Knochen darunter deutlich sehen konnte. Dann fing die alte Frau an zu sprechen: „DU musst mich retten! Hilf mir! DU musst mich retten, sonst werdet ihr alle sterben! Rette mich! Rette mich!“ Ich war unfähig; etwas zu sagen und riss mich los, sehr stark war sie nicht. Ich rannte zu meinem Fahrrad und fuhr eilig nach Hause.Ich achtete nicht auf den Verkehr und ein Autofahrer hupte verärgert. Immer wieder warf ich ein Blick auf mein Handgelenk. Es war rot und juckte. Meine Gedanken kreisten um das Haus, die Frau und die Drohung, dass wir alle sterben, wenn ich ihr nicht helfe. Aber ich wusste ja gar nicht, wie ich helfen sollte und noch einmal würde ich ganz bestimmt nicht zu diesem Haus fahren. Nein, da würden mich keine zehn Pferde mehr hinkriegen.
Zuhause angekommen, lief ich in mein Zimmer. Es war schon spät und ich war müde und geschockt von meinem Erlebnis. Ich wollte schlafen. Doch die furchtbare Stimme, die darum bat, gerettet zu werden, ging mir nicht aus dem Kopf. Die Szene von heute Nachmittag spielte sich immer und immer wieder in meinem Kopf ab. Schließlich fiel in einen unruhigen Schlaf. Aber auch in meinen Träumen ließ mich die alte Frau nicht in Ruhe.
Ich wachte auf. Meine Mutter kam in mein Zimmer und setze sich zu mir. „Was ist mein Kind?“, fragte sie mit einem merkwürdigen Unterton in ihrer Stimme den ich aber nicht zuordnen konnte. Ich erzählte ihr die ganze Geschichte. Dann verschwamm das Bild meiner Mutter; es ähnelte immer mehr der alten Frau und sie sagte: „DU musst mich retten! Hilf mir!“ Das Blut gefror mir in den Adern. „Nein, Mama!“, schrie ich verzweifelt. Sie war zu der alten Frau aus dem Wald geworden, vor meinen Augen. Es war schrecklich. „Nein!“ Schließlich wachte ich (nun aber wirklich) schreiend und schweißgebadet auf. An meinem Bettrand saß meine Mutter. Sie sah mich besorgt an. Ohne das sie etwas sagte, erzählte ich ihr was passiert war. Sie wurde ganz bleich. Sie sagte, dass das nicht sein kann. Als Beweis hielt ich ihr mein Handgelenk hin. Sie flüsterte die ganze Zeit, dass das nicht sein darf, es darf einfach nicht sein. Als ich sie fragte was sie meinte, verstummte sie sofort, als hätte sie vorher nicht gemerkt, dass sie laut dachte.
„Nichts, mein Kind! Es ist alles in Ordnung! Schlaf jetzt, du siehst müde aus. Ich hab dich lieb!“
„Ich dich auch!“ , flüsterte ich gähnend zurück und schlief ein.
Am nächsten Tag, als ich aufwachte, waren meine Augen ganz dick und zugeklebt. Ich hatte wohl die ganze Zeit geweint. Es klopfte an der Tür. Und mein Vater trat mit einem Tablett in den Händen hinein. Mh, es roch lecker nach frischen Brötchen und heißem Kakao. Ein Blick auf das Tablett und mein Verdacht bestätigte sich. Jetzt erst wurde mir bewusst wie hungrig ich war. Kein Wunder, ich hatte gestern Abend ja auch gar nichts mehr gegessen.
„Danke!“ , sagte ich heiser.
„Du hörst dich aber nicht gut an. Bleib lieber heute im Bett und ruhe dich aus.Ich muss jetzt zur Arbeit, wir sehen uns nachher“, meinte mein Vater besorgt und gab mir einen Kuss.
„Jap, mache ich.“ , versprach ich zwischen ein paar gierigen Bissen von meinem Brötchen. Und mein Vater verließ wieder mein Zimmer.
Irgendwann am Nachmittag klingelte mein Handy. Unbekannte Nummer stand auf dem Display. Ich ging ran. „Rette mich! Rette mich!“ krächzte es aus dem Hörer. Vor Schreck lies ich mein Handy fallen. Es landete auf dem Fußboden.
Ich wusste nicht, wann mein Vater noch einmal reingekommen war, um das Tablett zu holen; denn ich war wieder eingeschlafen. Ich sah mich in meinem Zimmer um, wieder saß meine Mutter am Bettrand. „Bin ich wach?“ , fragte ich vorsichtshalber. Sie nickte. Erleichtert atmete ich aus.
„Du wunderst dich sicher, warum ich gestern so komisch war, hab ich recht?“. Sie sah mich an, doch ihre Augen wirkten beängstigend leer. Sie sahen fast tod aus. Ich nickte.
„Also, die Sache ist die, diese alte Frau ist gefährlich. Halte dich von ihr und ihrem Haus fern; versprich mir das du auf dich aufpasst, Kleine, sonst wird sie auch alle töten. Es ist alles meine Schuld. Hätte ich ihr damals geholfen… Ich will, das du weißt dass sie schuld ist. Sie hat meinen Unfall verursacht. Aber ich werde auf dich aufpassen. Tschüss…“, die letzten Worte verstand ich nicht mehr, denn sie löste sich auf.
„Mamaaa! Mamaaa! Bitte geh nicht! Ich brauche dich. Und Papa und meine Schwester auch. Verlass uns nicht.“ , ich schrie meine ganze Kraft und Traurigkeit hinaus.
Plötzlich öffnete sich die Tür. Erschrocken schrie ich nochmal auf.
„Papa!“ , schluchzte ich. „Papa, die alte Frau im Wald, sie will uns töten. Mama hat gesagt, sie will uns alle töten. So wie sie Mum getötet hat. Sie ist gefährlich. Und Mama, sie ist… sie ist gegangen, einfach so gegangen.“ , erklärte ich ihm schluchzend und voller Angst.
„Aber, Kind was redest du denn da? Deine Mutter ist vor fast einem Jahr bei der Geburt deiner kleinen Schwester gestorben. Und von was für einer Frau redest du?“ , mein Vater sah mich verwirrt an.
„Na, von der Frau im Wald, der alten Frau mit dieser furchtbaren Stimme; sieh hier“, ich hielt ihm mein Handgelenk hin, „sie hat mich mit ihren bloßen Händen verbrannt. SIEHST DU?“ , ich war völlig fertig mit den Nerven. Ich konnte einfach nicht mehr. Mama, tot? Nein, das konnte, das durfte einfach nicht sein.
„Ja klar sehe ich die Brandwunde. Jetzt beruhige dich doch erst einmal.“
Ich holte mein Handy hervor. Meine Hände zitterten, aber das war mir egal. Ich zeigte ihm den Anruf: „Die Frau hat mich angerufen, du musst mir glauben!“
„Zeig mal her!“ Er nahm mein Handy. „Aber hier ist nur ein Anruf von heute und der war von mir. Ich habe von der Arbeit aus angerufen um zu fragen, wie es dir geht; aber du hast einfach wieder aufgelegt…“ Er atmete ein paar Mal tief durch.
„Hör mal zu: Es gibt keine alte Frau im Wald. Denn im Wald lebt keiner.Und die Brandwunde hast du dir gestern Abend beim Kochen zugezogen. DU fantasiert; deine Mutter ist seid knapp einem Jahr tot und der Anruf war von mir!“ Er sagte es sehr deutlich, als wäre ich verrückt; aber ich bin nicht verrückt. Oder doch? Sollte ich mir das alles etwa doch nur eingebildet haben? Nein, nein, nein das kann nicht sein, ich habe sie gesehen und gehört. Ich bin nicht verrückt.
Ich hörte meinen Vater murmeln: „Ich wusste doch, dass es zu früh ist. Es tut mir leid du musst zurück in die Psychatrie.“
Ich ließ mich zurück auf mein Bett fallen. Ich kann nicht mehr, ich will nicht mehr, war das einzige was ich noch denken konnte. Erschöpft und ausgelaugt schloss ich die Augen…
(Annika Stoemer)