Bei seinem mittlerweile zweiten Besuch am Gymnasium Lehrte stand David McAllister (MdEP) am 13. Dezember für gleich für mehrere Programmpunkte zur Verfügung. An unsere Schule gekommen war er im Rahmen seiner Rolle als Schulpate (Botschafterschule des EU Parlaments).
Neben seiner Rede zur Zukunft Europas, wohnte er der Rezertifizierung des Titels „Europaschule in Niedersachsen“ bei, stellte sich als Insider des Europaparlaments in einer Plenumsdiskussion den Teilnehmern des Debate-Clubs als kompetenter Gesprächspartner zur Verfügung und ließ sich zu guter Letzt noch über das Erasmus+Projekt „Der Faden der Ariadne“ informieren. Der Besuch in Lehrte war eine Zwischenstation auf den Weg nach Brüssel, wo seine Arbeitswoche im Anschluss beginnen sollte.
Die Begrüßung:
Die offizielle Begrüßung der Ehrengäste und einer Gruppe von bei Europaprojekten eingebundenen Schüler:innen nahmen Schulleiterin Silke Brandes und der Koordinator für Europa Klaus Perk vor.
Die Rede des Bürgermeisters:
Der amtierende Bürgermeister der Stadt Lehrte Frank Prüße ging bei seinem Grußwort zunächst auf die Schulsituation und hierbei insbesondere auf die Neubauprojekte der Stadt Lehrte in diesem Bereich ein und machte die Zuhörer auch mit der finanziellen Dimension vertraut. Es fiel der Betrag von 200 Millionen für mehrere Grundschulen und die Schulzentren Lehrte Süd und Mitte. Die Anstrengungen der Stadt im Bereich Digitalisierung wurden am Beispiel von Glasfaserkabeln verdeutlicht.
Die Rede des MdEP McAllister:
Seine detailreiche Rede zum Thema „Unsere Zukunft in Europa“ begann David McAllister mit einem Blick auf das baldige Jubiläum „75 Jahre Römische Verträge“, mit denen 1957 durch Schaffung einer Wirtschaftsunion die Grundlagen für die Europäische Gemeinschaft gelegt wurde. Aus sechs Vertragspartnern haben sich mittlerweile 27 Mitgliedsländer ergeben.
In West- und Nordeuropa erlebten wir die längste Phase des Friedens seit der Geschichtsschreibung. Für die jetzige Generation sei es ein Gewinn, überall in Europa mit seinen 425 Millionen Einwohnern eine Ausbildung, ein Studium und einen Beruf und einen Lebensmittelpunkt wählen zu können. Die Arbeit in der Europaschule sei enorm wichtig, um der nachfolgenden Generation diese Vorteile deutlich zu machen.
Als Aufgaben der Europaabgeordneten für die nächsten Jahre konkretisierte er den Klimaschutz, die Aufarbeitung der Pandemiefolgen und die Digitalisierung. Auch für die Aufarbeitung des Brexits und für eine gemeinsame Haltung zur Migration sah er einen enormen Handlungsbedarf. Die Corona-Situation habe deutlich gemacht, dass im Gesundheitsbereich bessere Zusammenarbeit und weniger Abhängigkeiten von weltweiten Lieferketten auf der Agenda stehen. Dies betrifft sowohl den Pharmabereich als auch die Produktion von Halbleitern.
Momentan sei die große Stärke der EU die diplomatische Interaktion mit anderen Staaten. Weniger gut sei die EU militärisch aufgestellt. Nicht erst seit Trump wäre die Abhängigkeit der Europäer im Bündnis NATO von den USA deutlich geworden. Mit Blick auf östliche Mitgliedstaaten brachte er es auf den Punkt: „Vielfalt ist ein Wert! Dennoch muss die EU darauf achten, dass alle Mitglieder die Spielregeln beachten. Eine unabhängige Justiz, Meinungsfreiheit und die Achtung der LGBT-Bewegung gehören dazu“.
In Hinblick auf die neue Bundesregierung wagte er die positive Prognose: „Ich wünsche Deutschland viel Erfolg, Europa in Zukunft zu gestalten. – Ihr macht es sehr gut!“ Die letzte Aussage war an die anwesenden Schüler:innen gerichtet.
Rezertifizierung:
Als nächster Programmpunkt folgte die Rezertifizierung des Titels „Europaschule in Niedersachsen“, die durch den neuen zuständigen Dezernenten vom Regionalen Landesamt für Schule und Bildung Christian Schwarze als erste offizielle Amtshandlung durchgeführt wurde.
„Europaschule in Niedersachsen“ ist eine Zusatzbezeichnung, die niedersächsische Schulen auf Antrag führen dürfen, wenn sie vielfältige Voraussetzungen erfüllen. Im Schuljahr 2020/2021 führen 184 Schulen diese Zusatzbezeichnung, darunter sind Schulen aller Schulformen und Schulbereiche vertreten. Europaschulen in Niedersachsen haben das Ziel, Kenntnisse über Europa und europäische Institutionen zu fördern, die aktive Teilnahme an der Unionsbürgerschaft sowie die Mehrsprachigkeit zu stärken und in besonderem Maße die Entwicklung interkultureller Kompetenzen zu ermöglichen und zu unterstützen.
Das Schulprogramm des Gymnasiums Lehrte ist an diesem Europaprofil ausgerichtet. Entsprechende unterrichtsergänzende Aktivitäten sind fester Bestandteil des schulischen Lebens. Schulen, die beantragen, die Zusatzbezeichnung führen zu dürfen, müssen ihre Arbeit u. a. an folgenden Kriterien messen lassen:
– Verankerung im Schulprofil und im Schulprogramm
– Integration europäischer Themen im Unterricht
– Förderung der Mehrsprachigkeit und des Fremdsprachenprofils
– Entwicklung und Stärkung interkultureller Kompetenzen
– Teilnahme an europäischen Projekten, Aktionen, Wettbewerben, Jugendforen
All dies konnte nachgewiesen werden und so kam Christian Schwarze zu dem Schluss: „ Die erneute Zertifizierung konnte mit 143 von 150 möglichen Punkten erfolgen. Das ist für eine Europaschule ein Spitzenwert. Das Gymnasium Lehrte schafft es, in vielfältigen Projekten das Wissen über Europa zu intensivieren.“
Plenumsdiskussion:
Nach dieser kleinen „Verschnaufpause“ war David McAllister wieder aktiv gefordert, dem Debate-Club in einer kurzen Plenumsdiskussion Rede und Antwort zu stehen. Die Fragen reichten von der der Möglichkeit eines europäischen Finanzministers bis hin zur momentan herrschenden Europaskepsis. Zum ersten Punkt sah McAllisters eine große Bandbreit der Akzeptanz und bündelte seine Antwort in der Aussage: „Willige Länder müssen vorangehen, andere können folgen.“ In Bezug auf die Europaskepsis kam er zu dem Schluss: „Europa darf nicht nur ein Europa der Eliten sein!“ und berichtete von dem KFZ-Mechaniker-Azubi, der bei einem Praktikum in Finnland beeindruckende Europaerfahrung gemacht hatte.
Zum Abschluss bekam er erneut ein Sweatshirt mit Aufdruck des Debate-Clubs, das er sofort anzog und mit den Worten annahm: „Das alte ziehe ich immer zum Joggen an!“
Vorstellung „Der Faden der Ariadne“:
Als letzter aber wichtiger Programmpunkt erfolgte die Vorstellung des Erasmus+Projekts: „Der Faden der Ariadne“ durch die mitarbeitenden Schüler:innen und durch die beiden Projektleiter Dr. Ralph Grobmann und Markus Bauer. Als erster Schüler übernahm Luca Blume die Einführung:
„Unser Projekt ist mit der Idee entstanden, die Arbeitssituation in der EU verbessern zu wollen, insbesondere für die junge Generation, also die Jugendlichen. Im Jahr 2016 lag die Jugendarbeitslosigkeit ungefähr bei 19,4%, das entspricht ungefähr 4,4 Millionen Jugendlichen. Ab 2016 hat sich die Jugendarbeitslosigkeit stetig verbessert und sich der 15% Marke genähert, jedoch ist diese im Jahr 2020 wieder auf 18,5% gestiegen, was eine Folge der Corona-Pandemie ist. Von solchen Krisen stark betroffen sind immer Länder wie Griechenland, Spanien und Kroatien. In Griechenland liegt die Arbeitslosigkeit der Jugendlichen bei ungefähr 40%.
Das Problem dieses Arbeitsstellenmangels hat man im Jahr 2012 in Spanien gesehen, hier gingen Zehntausende Schüler, Studenten auf die Straßen, um auf die Perspektivlosigkeit im Arbeitsmarkt aufmerksam zu machen. Um dieses Problem zu bekämpfen wollen wir den Jugendlichen einen europaweiten Überblick über mögliche Tätigkeitsbereiche geben, die Sie interessieren könnten und ihnen somit neue Perspektiven und Möglichkeiten bieten. Hier setzt unsere Webseite an, die es den Jugendlichen ermöglicht, Firmen, Hochschulen und Unis zu kontaktieren.
Somit wollen wir unseren Teil für ein gemeinsames Europa beitragen. Und Ihnen zu helfen, sich im „Labyrinth“ des europäischen Arbeitsmarktes zurechtzufinden, somit kam auch der Name „Faden der Ariadne“ zustande. Der Name geht auf die griechische Sage zurück, in der Ariadne Theseus mit einem Faden geholfen hat, aus dem Labyrinth des Minotaurus zu entkommen.“
Anhand einer Powerpoint-Präsentation wurden einzelne Komponenten der Webseite vorgestellt. David McAllister zeigte sich von der bisherigen Arbeit an diesem Projekt sehr beindruckt. (HAL)
(Fotos: Lara Scholz/Rüdiger Halupczok)
Die Schulleiterin Silke Brandes verliest das Grußwort von Dr. Matthias Miersch.