Ein Artikel der HAZ am 27.Mai, der eine Sitzung des Schulausschusses ankündigte, sorgte für einige Aufregung. So sollen die Kosten für den Neubau des Lehrter Gymnasiums auf bis zu 70 Millionen ansteigen. Zu dieser Erkenntnis kommt die die VBD, eine Beratungsgesellschaft für Behörden. Thomas Schubert, Geschäftsführer dieser Gesellschaft, erläuterte im Schulausschuss, wie es zu dieser Steigerung kommt. Zunächst wurde der erste Entwurf aus dem Jahr 2020 kritisch hinterfragt. Die dort veranschlagte Fläche von 9065 Quadratmetern muss um 910 Quadratmeter für Sanitärräume ergänzt werden, die zwar im Entwurf gezeichnet wurden, aber in der Kostenaufstellung nicht berücksichtigt wurden.
Zudem sollten seiner Meinung nach die Verkehrsflächen auf ein pädagogisch sinnvolles Maß erweitert werden. In Summe würde die Schule dann mit 11.102 Quadratmetern zu veranschlagen sein. Die Flächenerhöhung würde die Kosten aber “nur” auf 57 Millionen hochtreiben. Die weitere Steigerung sei der Kostensteigerung im Baugewerbe und der darauf erfolgten Indexierung in der Mitte der Bauzeit geschuldet.
Der Rat der Stadt beschäftigte sich in der Sitzung vom 9. Juni mit der Fragestellung, ob der Neubau im Zuge eines ÖPP-Verfahrens durchgeführt werden solle. Die Kostenersparnis könnte gegenüber einer konventionellen Ausschreibung bei bis zu 10 Millionen liegen. ÖPP-Modell bedeutet, dass die Stadt ein Partnerunternehmen aus der freien Wirtschaft beauftragt, das Planung und Bau übernimmt und anschließend über 20 Jahre wie ein Vermieter auftritt.
Der Schul- und auch der Finanz- und Bauausschuss stimmte geschlossen für das ÖPP-Modell, allerdings nur für die Bauphasen 1 und 2. Die dritte Bauphase, die den Ausbau des traditionellen Backsteingebäudes für die Oberstufe betrifft, soll eigenständig durch die Stadt Lehrte bewältigt werden. (HAL)
In der HAZ/NP schrieb Achim Gückel am 27. Mai:
Neues Gymnasium kostet viel mehr als bisher gedacht
Mehr als 70 Millionen statt 46 Millionen Euro: Beratungsgesellschaft legt Kostenuntersuchung vor / Schulausschuss berät am Donnerstagabend
Der geplante Bau eines neuen Gymnasiums an der Friedrichstraße samt Sanierung des unter Denkmalschutz stehenden Altbaus wird offenbar sehr viel teurer als bisher gedacht. Neue Berechnungen weisen Kosten oberhalb von 70 Millionen Euro aus. Vor einem Jahr lagen die ersten groben Schätzungen noch bei gut 46 Millionen. Am Donnerstagabend diskutieren nun zunächst die Kommunalpolitiker im Schulausschuss über das Thema. Sie müssen den Weg weisen, ob die Stadt das Gymnasium-Projekt im Alleingang stemmt oder sich in einer sogenannten öffentlich-privaten Partnerschaft (ÖPP) einen Begleiter aus der Bauwirtschaft an die Seite holt. In diesem Fall wäre die Stadt noch 20 Jahre nach Fertigstellung des Projekts an den Partner gebunden.
Die Debatte um das Gymnasium ruht seit einem Jahr. Im Mai 2020 hatte der Rat der Stadt beschlossen, den ersten Abschnitt des Neubaus auf dem Schulhof nördlich der Friedrichstraße zu errichten, für einen zweiten Abschnitt die Sporthalle Friedrichstraße abzureißen und im dritten dann den historischen Altbau zu sanieren, zu erweitern und zu einem Campus für die Oberstufe zu machen. Damit lösten sich alle Überlegungen, das Gymnasium möglicherweise auf dem Schützenplatz zu platzieren, in Luft auf.
Gleichzeitig beschlossen die Politiker, eine externe Beraterfirma müsse eine vorläufige Wirtschaftlichkeitsbetrachtung erstellen. Diese möge genaue Kostenschätzungen vorlegen und den Weg weisen, ob ein ÖPP-Verfahren sinnvoll ist.
Mittlerweile liegt die von der VBD Beratungsgesellschaft für Behörden in Berlin erstellte Betrachtung vor. Und die hat es in sich. Denn die vor einem Jahr grob geschätzten Kosten für das Projekt von etwa 46,3 Millionen Euro sind nicht mehr realistisch. Die VBD hat unter anderem nun präzise Flächenberechnungen für das Raumprogramm und für die geplante Drei-Feld-Sporthalle sowie Kosten für Sanitärbereiche, Technikräume und die Tiefgarage addiert.
Außerdem prognostiziert die Beratungsgesellschaft weitere Kostensteigerungen durch das neue Gebäudeenergiegesetz, für das Bauen in einem sogenannten erdfallgefährdeten Bereich sowie für konjunkturbedingte Preissteigerungen im Baugewerbe von bis zu 5 Prozent pro Jahr bis zur Fertigstellung des gesamten Projekts. Auch sogenannte Risikozuschläge sowie Wartungskosten über die Vertragslaufzeit von 20 Jahren summierte die VBD.
Bau ohne Partner noch teurer
Das Ergebnis, zu dem die Beratungsgesellschaft kommt, dürfte den Verantwortlichen in der Kommunalpolitik nicht behagen: Investitionskosten von rund 67 Millionen Euro. Samt Risiken, projektbegleitender Kosten und Wartungskosten veranschlagt sie sogar 74,4 Millionen Euro – allerdings nur dann, wenn sich Lehrte zu einem ÖPP-Projekt entscheiden sollte. Bei einem selbst organisierten Projekt und der Vergabe einzelner Gewerke kämen laut Schätzung sogar bis zu 85 Millionen zusammen.
Die Lehrter Stadtverwaltung schlägt nun vor, zunächst die ersten zwei Bauabschnitte des neuen Gymnasiums im ÖPP-Verfahren zu errichten. Das sei am wirtschaftlichsten. Für Abschnitt drei, also die Sanierung und Erweiterung des Altbaus an der Friedrichstraße, könne man die Grundsatzentscheidung später fällen. Dafür hatten die Experten aus Berlin auch nur verhältnismäßig geringe Kostendifferenzen zwischen einem konventionellen Bauverfahren und ÖPP errechnet.
Im Mai 2020 hatte der Lehrter Rat sich bereits für den Bau des neuen Schulzentrums Süd (IGS und Realschule) für ein ÖPP-Verfahren entschieden. SPD, Grüne und Linke hatten allerdings zunächst Vorbehalte gegen das Verfahren gehegt. Der über zwei Jahrzehnte abzuschließende Vertrag mit dem Projektpartner berge möglicherweise späte und hohe Folgekosten, lauteten die Bedenken. Für das Projekt in Lehrte-Süd beliefen sich die Kostenschätzungen damals auf rund 82 Millionen Euro.
Die Vorbereitung eines ÖPP-Verfahrens ist kompliziert und langwierig. Es muss bei einem Vorhaben dieser Größenordnung europaweit ausgeschrieben werden. Erst 2022 könnten die sogenannten Planungsleistungen ausgeschrieben werden, Baustart für den ersten Abschnitt des neuen Gymnasiums wäre dann frühestens im Sommer 2023. Die Bauphase dauert dann mehrere Jahre. Der Schulausschuss spricht am Donnerstag, 27. Mai, ab 17 Uhr in öffentlicher Videokonferenz über das Thema.
In der HAZ/NP schrieb Achim Gückel am 9. Juni:
Gymnasium wird frühestens 2025 fertig
Politik will für Planung und Bau einen Privatunternehmer ins Boot holen und damit Tempo machen
Beim Bau des neuen Gymnasiums an der Friedrichstraße wollen Lehrtes Kommunalpolitiker jetzt so vehement auf Tempo drücken, wie es irgend geht. Doch auch wenn das Großprojekt von jetzt an ohne jede Störung vorangeht, wird es frühestens im Herbst 2025 fertig sein. Das ist jetzt in den Debatten über die künftige Marschrichtung bei dem Millionenvorhaben deutlich geworden. Und das bedeutet, dass schon die derzeitigen Neuntklässler der Schule nicht mehr in dem Neubau unterrichtet werden – denn sie verlassen das Gymnasium spätestens in vier Jahren.
Schneller werden Planung, Auftragsvergabe und Bau des Schulkomplexes jedoch auf keinen Fall machbar sein. Das hat Fachmann Thomas Schubert im Schulausschuss der Stadt verdeutlicht. Schubert arbeitet für die VBD Beratungsgesellschaft für Behörden, die Wirtschaftlichkeitsberechnungen für das Großprojekt erstellt hat. Er riet den Kommunalpolitikern eindringlich dazu, sich für ein sogenanntes ÖPP-Modell (öffentlich-private Partnerschaft) zu entscheiden. Das bedeutet, die Stadt holt sich ein Partnerunternehmen aus der freien Wirtschaft ins Boot, das Planung und Bau übernimmt und anschließend über 20 Jahre wie ein Vermieter auftritt. Das minimiere Risiken, Kosten und Bauzeit, rechnete Schubert vor. Und diese Methode garantiere größere Sicherheit bei einmal vereinbarten Terminen für die Fertigstellung.
Zustimmung für ÖPP-Modell
Die Lehrter Kommunalpolitiker folgten der Argumentation. Sowohl im Schul- als auch im Finanz- und Bauausschuss stimmten sie geschlossen für das ÖPP-Modell, machten dabei aber eine entscheidende Einschränkung. Während die ersten zwei Bauabschnitte mit neuer Sporthalle, Tiefgarage und Unterrichtsgebäuden nördlich und südlich der Friedrichstraße von dem privaten Partnerunternehmen erledigt werden sollen, müsse die Stadt beim dritten Abschnitt selbst verantwortlich sein.
Bei diesem handelt es sich um die Sanierung des denkmalgeschützten, vor 120 Jahren errichteten Altbaus. Für die Arbeiten an einem der geschichtsträchtigsten Gebäude Lehrtes wird es möglicherweise einen Architektenwettbewerb geben. In dem Altbau soll nach derzeitigen Planungen eine Art Campus für die gymnasiale Oberstufe entstehen. Über die Marschroute mit dem ÖPP-Verfahren für zwei der drei Bauabschnitte entscheidet der Rat der Stadt am heutigen Mittwoch in einer öffentlichen Onlinesitzung.
Mehrkosten vermeiden
Schubert hatte in den Fachausschüssen unter anderem betont, dass das ÖPP-Verfahren mutmaßlich am schnellsten geht. Würde die Stadt das neue Gymnasium selbst planen und in den einzelnen Gewerken ausschreiben, sei es frühestens im Herbst 2026 fertig. Für den Bauabschnitt eins und zwei würden nach seiner Berechnung 9 beziehungsweise 13,3 Prozent Mehrkosten fällig werden. Bei der Sanierung des Altbaus sei der finanzielle Vorteil des ÖPP-Verfahrens indes nur sehr gering.
Schubert appellierte trotzdem an die Politiker, auch den dritten Abschnitt ins ÖPP-Verfahren einzubinden. Es könne ansonsten Probleme geben, wenn sich mehrere Planungen überlappten und unterschiedliche Bauunternehmen gleichzeitig auf der Großbaustelle arbeiteten. Außerdem sei die „ganzheitliche Beschaffung“ stets am wirtschaftlichsten. Dieses Argument überzeugte die Kommunalpolitiker im Bezug auf den Altbau nicht.
Prognose: 71 Millionen Euro
Der Fachmann der VBD erläuterte zudem, warum seine Gesellschaft im Vergleich zu früheren Schätzungen einen deutlich höheren Preis für das neue Gymnasium ermittelt hatte – nämlich rund 71 Millionen statt 46 Millionen Euro. Unter anderem seien die sogenannten Bruttogrundflächen zunächst nicht vollständig berechnet worden, jene für die Gänge und Flure zu gering und die für Sanitäranlagen nötige Fläche sogar gar nicht. Hinzu kämen Risikoaufschläge. Es gebe derzeit extreme Steigerungen bei den Baukosten, und die Materialkosten stiegen „fast unplanbar“, sagte Schubert. Es sei niemandem gedient, jetzt irgendetwas schönzurechnen.
„Wir werden erst nach der Ausschreibung wissen, was uns das Gymnasium genau kosten wird“, betonte Bürgermeister Frank Prüße (CDU) im Schulausschuss. „Wir werden das auch nicht ändern können und müssen nun in Gang kommen.“ Ähnlich äußerte sich Bodo Wiechmann, Finanzexperte der SPD-Fraktion. Er sprach im Haushaltsausschuss davon, nun einen „Weg der maximalen Geschwindigkeit“ zu gehen. Denn jedes Quartal, das man bei dem Projekt nun noch verliere, koste nach den derzeitigen Baupreissteigerungen zusätzliche 700 000 Euro.
Ein wenig Bedenken am ÖPP-Verfahren und an den Risiken, die die Stadt als langjähriger Mieter des Neubaus eingehe, schimmerten allerdings in der Debatte immer wieder durch. CDU-Fraktionschef Hans-Joachim Deneke-Jöhrens sagte, das Verfahren sei „nicht das, was wir uns wünschen“. Es dränge sich aus finanziellen Gesichtspunkten aber trotzdem auf. SPD-Fraktionschefin Maren Thomschke, erinnerte daran, dass die personellen Ressourcen für die Planung eines solchen Großprojekts in der Stadtverwaltung derzeit knapp seien. „Und wir können uns da keine Mitarbeiter backen“, sagte sie. Thomschke, die selbst Gymnasiallehrerin ist, stellte allerdings auch einen Katalog von Anforderungen für künftige Diskussionen um den Neubau vor. Unter anderem müssten stets die pädagogischen Anforderungen Vorrang haben, und dazu müssten die Schulleitungen des Gymnasiums sowie der benachbarten Albert-Schweitzer-Grundschule gleichermaßen eingebunden werden.
Schulleiterin appelliert: Pädagogische Ideen einbinden
Silke Brandes, Leiterin des Gymnasiums Lehrte, hat sich im Schulausschuss zufrieden darüber geäußert, dass es bei den Planungen für die neue Schule nun vorangeht. Sie formulierte aber auch zwei Bitten an die Politiker. Erstens müssten Planung und Errichtung der Gebäude „zügig gehen“ und möglichst wenig Belastung für den Schulbetrieb mit sich bringen, sagte sie. „Egal, wer das jetzt macht, wir müssen in die Strümpfe kommen“, betonte Brandes mit Blick auf die Diskussion über das ÖPP-Verfahren. Zweitens bat sie darum, in allen kommenden Planungen stets pädagogische Faktoren zu beachten und die Schule dabei mitarbeiten zu lassen. „Das Kollegium brennt darauf, sich mit einzubringen“, betonte sie. Den Bau des neuen Gymnasiums an der Friedrichstraße bezeichnete die Schulleiterin als „eine dicke Herausforderung“. Unter dem Strich werde dieses Projekt wohl ähnlich kostspielig wie der komplette Umbau des Schulzentrums Süd mit IGS und Realschule. Für die Bauabschnitte eins und zwei an der Friedrichstraße mit neuer Sporthalle, Tiefgarage und Unterrichtstrakten wird der dortige Schulhof bebaut und werden einzelne alte Gebäudeteile aus den Fünfziger- und Sechzigerjahren sowie die Turnhalle und das sogenannte Müllerhaus abgerissen. Diese Marschroute hatte sich erst nach jahrelangen Diskussionen herauskristallisiert, in denen es auch um einen möglichen Neubau auf dem Schützenplatz gegangen war. (Achim Gückel- HAZ/NP)