Was haben überdachte Spielplätze, Werbung für Sportvereine, schwimmende Badeinseln in der Ostsee und sprechende Mülleimer gemeinsam? Alles das sind ein paar aus über 500 Ideen von Schülern für ihre Kommunen, die umgesetzt wurden. Pimp Your Town macht jungen Menschen Lust auf lokale Demokratie. Die Schülerinnen und Schüler schlüpfen in die Rolle von Kommunalpolitikern, beraten und beschließen ihre eigenen Anträge. So erleben sie hautnah Kommunalpolitik und erhalten Einblick in die Strukturen und Aufgaben der Region. Die Schülerinnen und Schüler fassen Beschlüsse, welche nach dem Planspiel den “echten” Fachausschüssen und der Regionsversammlung vorgelegt werden und somit in Beratungen und Entscheidungen einfließen können.
Vier Schulklassen aus der Region Hannover nehmen am Planspiel teil. Mit den 26 aus dem Gymnasium Lehrte, die von ihrem Politiklehrer André Bien begleitet werden, fanden sich insgesamt ca. 100 Schülerinnen und Schüler im Haus der Regionen ein. Bei der Arbeit werden sie von “echten” Politikerinnen und Politikern unterstützt und die Anträge der “echten” Politik vorgelegt. Mit den jungen Lehrtern diskutieren Jugendliche von der IGS Langenhagen und der Anna-Siemsen Schule. Darüber hinaus wird vom Wahlpflichtkurs “Journalismus” der Ricarda Huch Schule Hannover ein Film und ein Magazin über das Planspiel produziert.
Pimp Your Town ist mehrfach ausgezeichnet als ein wirksames und zeitgemäßes Werkzeug der Jugendbeteiligung. Handlungsorientiert und konzentriert, mit tollen Ergebnissen und der Erfahrung eines mitreißenden Politik-Events.
Mehrere tausend Schülerinnen und Schüler überall in Deutschland haben durch das Planspiel bereits erfahren, wie spannend und wirksam lokale Demokratie sein kann und geholfen, ihre Kommunen noch lebenswerter zu machen.
(bearbeiteter Auszug aus dem Flyer “Pimp Your Town”)
Tag 1: Ankunfts-Briefings- und Themenfindungstag (23.01.2019)
Pünktlich um 9 Uhr startete “Pimp your town”, die Klasse 10d vom Gymnasium Lehrte mittendrin. Organisiert vom Verein “Politik zum Anfassen” und der Region Hannover fand dieses vom 23.01.bis 25.01.2019 statt. Die stellvertretende Regionspräsidentin Michaela Michalowitz eröffnete mit Begrüßungsworten das mehrtägige Planspiel.
Gleich im Anschluss begann unter Anleitung für die Jugendlichen ein Crash-Kurs zum Thema Kommunalpolitik statt. Mit spielerischen Methoden wurde an drei Stationen nötiges Grundwissen aufgefrischt. Geklärt wurden unter anderem die Zuständigkeiten von Bund, Land und Kommune. Wer ist verantwortlich für die Radwege, die Müllabfuhr und wem gehören Gemeindestraße?
Nach einer kurzen Pause folgte die Brainstorming-Phase. In Gruppen eingeteilt, sollten alle Schüler ihre Wünsche formulieren. Was soll durch die Region geändert werden, wenn Geld keine Rolle spielt. Viele Ideen wurden artikuliert und diskutiert.
Im Plenum stellte man dann die Vorschläge vor und danach wurden diese in die Kategorien “Verkehr und Wirtschaft”, “Umwelt und regionales Leben” und “Soziales” zugeordnet.
Nach der wohlverdienten Mittagspause und der Lieferung von McDonalds via Fahrradkurier startete die schwierigste Phase des Tages. In den einzelnen Ausschüssen mussten paarweise die Anträge an die Regionsversammlung geschrieben werden. Hierbei sollten die Vorschläge so konkret wie möglich ausformuliert werden. Dies konnte durchaus als herausfordernd angesehen werden, wurde aber durch Teamarbeit gut bewerkstelligt.
Den Abschluss bildete eine Probediskussion über aktuelle Kommunalpolitik. Straßenausbaubeiträge, Duldung von Obdachlosen in der Innenstadt waren hier die Beispielthemen. Hierbei sollte die Scheu vor der freien Meinungsäußerung genommen werden, um die am Folgetag stattfindenden Diskussionen mit den Schülerinnen und Schülern der anderen Schulen solide führen zu können.
Tag 2: Ausschusssitzungen (24.01.2019)
Schick gekleidet durch das kalte Hannover laufend und froh die warmen Räume auf der Hildesheimer Straße zu erreichen- so startete der zweite Planspieltag.
Dieser begann mit der Durchsicht der Tagesordnung für die fiktive Regionsversammlung am Freitag. Gemeinsam mit Regionsabgeordneten, wie u.a. Yanneck Pettau (SPD) wurden die Anträge der unterschiedlichen Ausschüsse besprochen und auf deren Durchführbarkeit, Finanzierung und den rechtlichen Möglichkeiten geprüft.
Durchaus beeindruckt zeigten sich die ehrenamtlichen Politiker über den Ideenreichtum der Jugendlichen und das politische Engagement im Formulieren von Anträgen.
Johannes und Max aus dem Ausschuss “Umwelt und regionales Leben” formulierten den Vorschlag, dass Pfandsammelbehälter an Mülleimern angebracht werden. Sie schlugen vor, dass dieses System die unnötige Zerstörung von Pfandflaschen verhindern könnte und es bedürftigen Menschen erspart, in die Mülleimer zu greifen.
Yannick Pettau erklärte, dass dies bereits ein Pilotprojekt in Hannover war. Nichtsdestotrotz wurde eifrig über den Sinn und Zweck diskutiert und eine mögliche Herangehensweise in der anschließenden fraktionsübergreifenden Ausschusssitzung beschlossen. Zudem wurde über die weiteren Anträge der anderen Schulen (Fraktionen) diskutiert und eventuelle Nachfragen notiert.
Nach 30 Minuten Mittagspause trafen sich alle Teilnehmer aus den verschiedenen Fraktionen in den jeweiligen drei Ausschüssen, um die Anträge im Einzelnen zu debattieren. Dies stellte sich als langwieriger Prozess heraus, da jede Schule selbstverständlich versuchte ihren Antrag in die fiktive Regionsversammlung auf die Tagesordnung durchzubringen. Neben Zustimmung, Ablehung und Enthaltung zu den jeweiligen Anträgen konnten Änderungsanträge beim Ausschussvorsitz beantragt werden. Fast 2,5h konzentrierte Arbeit waren die Folge. Ohne Murren und Beschwerden seitens der Schülerschaft wurde auch dieser Sitzungsmarathon gemeistert.
Zum Abschluss des Tages erfolgte der Besuch vom Regionspräsident Hauke Jagau. Er stellte sich den Fragen der Schülerschaft. Nach anfänglichem Zögern war die Scheu verflogen und es hagelte eine Menge Nachfragen an den prominenten Vertreter der Region Hannover.
Tag 3: Regionsversammlung- Schüler werden zu Politikern (25.01.2019)
Der Morgen dämmerte herauf und nach ca. 90 min Fahrt kam Stella mit dem Rad um die Ecke gebogen. Bei -4 Grad Celsius entschied sie sich den zweiten Tag in Folge den Drahtesel für die 23km Strecke zu absolvieren. Nachmittags geht es die gleiche Strecke natürlich zurück.
In der sechsten Etage im Haus der Regionen auf der Hildesheimer Straße begann der Freitag wieder um 9Uhr mit der Fraktionssitzung der einzelnen Schulen. Hierbei wurden die Ergebnisse der gestrigen Ausschutzsitzungen vorgestellt, Änderungsanträge diskutiert und letztendlich in der Fraktion über Zustimmung oder Ablehnung abgestimmt. Insgesamt wurden 18 Anträge durchgesprochen.
Unterstützt wurden die Jugendlichen aus Lehrte von mehreren jungen Erwachsenen, die ihren einjährigen Bundesfreiwilligendienst beim Verein “Politik zum Anfassen e.V.” absolvieren. Sie leiteten die Sitzungen und fungierten als Moderatoren. Professionell und engagiert färbte dieses Verhalten auf die 10.Klässler ab. Sehr auffällig war, dass Motivation, Rhetorik und politischer Sachverstand innerhalb der wenigen Tage immer besser wurden. Der Verein “Politik zum Anfassen e.V.”, welcher als Organisator des Planspiels ist, bot sich ebenso als Praktikumspartner an, da in Klassenstufe 11 das Berufsorientierungspraktikum zu absolvieren ist.
Das Highlight und gleichzeitig der Abschluss des dreitägigen Planspiels bildete die fiktive Regionsversammlung. Im großen Saal des Hauses fanden die Schülerinnen und Schüler eine nach Fraktionen geordnete Sitzordnung vor. Die stellvertretende Regionspräsidentin eröffnete die Sitzung. Jeder der ausgewählten Anträge aus den drei Fraktionen kam zur Sprache und wurde nach kurzer Aussprache zur Abstimmung aufgerufen. Manche wurden sehr zügig abgearbeitet. Der Antrag “Schwimmbadetag nur für Frauen” bot allerdings aufgrund unterschiedlicher religiöser und gesellschaftlicher Ansichten viel Diskussionspotential. Die Regionsversammlung entschied den Antrag in ihrer Handzeichenabstimmung mit 31 : 30 Stimmen als abgelehnt. Die Auszählung musste nach der Anzweiflung des Abstimmungsergebnisses wiederholt werden und durch Aufstehen die Zustimmung oder Ablehnung ausgedrückt werden. Es kam zu Stimmengleichheit und der Antrag wurde daher endgültig abgelehnt.
Auch der Marktspiegel berichtete über diese Veranstaltung:
Planspiel macht Lust auf Kommunalpolitik
Schüler der 10d vom Gymnasium Lehrte bei „Pimp Your Town!“
Schluss mit Frontalunterricht! Anstatt im Klassenzimmer zu sitzen, probierten vier Schulklassen aus der Region Hannover selbst aus, wie Politik vor ihrer Haustür funktioniert. Etwa 100 Schülern nahmen am Planspiel im Regionshaus Hannover teil. Darunter auch 26 Schülerinnen und Schüler der Klasse 10d vom Gymnasium Lehrte, die von ihrem Politiklehrer André Bien begleitet wurden. Im Rahmen der Aktion „Pimp Your Town!“ schlüpften sie in die Rolle von Regionsabgeordneten und entwickelten, berieten und beschlossen gemeinsam ihre Ideen. Begleitet wurden die Schülerinnen und Schüler von Patinnen und Paten aus den Fraktionen der CDU, der SPD, von Bündnis90/Die Grünen, der FDP und der AfD. Einflussnahme auf die Inhalte gab es dabei nicht. Stattdessen halfen die Patinnen und Paten den Teilnehmenden, ihre Anträge zu formulieren und durchzusetzen.
Das Planspiel “Pimp Your Town!” der Region Hannover findet seit 2015 jährlich in Kooperation mit dem Verein Politik zum Anfassen e.V. statt. Ziel ist es, junge Menschen für politisches Engagement und die Mitgestaltung der eigenen Region zu begeistern. Achte bis 13. Klassen aller Schulformen aus sämtlichen Kommunen der Region Hannover können sich bewerben. Viele tausend Schülerinnen und Schüler bundesweit haben durch das Planspiel bereits erfahren, dass Kommunalpolitik alles andere als langweilig ist. „Das hat viel Spaß gemacht und war sehr interessant. Unterricht ist oft Theorie, hier konnten wir praktisch mal etwas umsetzen“, erzählt Felix aus der 10d vom Gymnasium Lehrte. Auch Leonie äußert sich begeistert:“Meine Erwartungen wurden übertroffen.“ Und Frida ergänzt:“Es war interessant zu sehen, wie Politik funktioniert.“
Die entwickelten Ideen, werden nun den „echten“ Fachausschüssen und der Regionsversammlung vorgelegt.
Schon ihre Vorgänger zeigten sich dabei sehr kreativ. Ob überdachte Spielplätze, Werbung für Sportvereine oder schwimmende Badeinseln – über 500 Ideen der Schüler für ihre Kommune wurden in der Vergangenheit bereits umgesetzt.
Auch der Lehrter Nachwuchs zeigte sich ideenreich. So gab es beispielsweise Vorschläge für ein Schutzhaus für Jugendliche oder barrierefreie Schwimmbäder.
„Demokratie lebt vom Mitmachen“, fasst Cora Hermenau, Dezernentin für öffentliche Gesundheit, Sicherheit, IT und EU-Angelegenheiten die Aktion zusammen. „Es ist immer wieder schön zu beobachten, wie gerade Jugendliche mitmischen und sich für ihre Region engagieren.“ (Von Dana Noll)
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