Auch in diesem Jahr hat sich Lara Schulze als Deutsche Meisterin im Schach für die Weltmeisterschaft qualifiziert, die zwei Wochen lang von Mitte September bis Anfang Oktober in Südamerika stattfand, und zwar in Montevideo/Uruguay. Nach Südafrika, Griechenland und Russland war dies nun ihre vierte und auch erfolgreichste WM, da sie hier den 10. Platz erreicht hat. Sie startete in der U16 weiblich; insgesamt reisten sieben deutsche Spieler der unterschiedlichen Altersklassen und zwei Trainer nach Uruguay.
Im folgenden Bericht schildert Lara ihre Eindrücke von dem bewegenden Ereignis: Am Freitag, dem 15. September machte ich mich also mit dem ICE auf den Weg zum Frankfurter Flughafen. Dort traf sich die deutsche Delegation, um gemeinsam die weite Reise anzutreten. Nach 26 Stunden Reisezeit mit einem Zwischenaufenthalt am brasilianischen Flughafen Sao Paulo kamen wir etwas erschöpft in Montevideo an. Dort war es gerade mal später Vormittag, sodass wir noch viele Stunden durchhalten mussten, um einigermaßen einen Tag-Nacht-Rhythmus wiederherzustellen. Die Zeitverschiebung von fünf Stunden zu unserer Zeit machte dies nicht gerade leichter.
Montevideo ist die Hauptstadt Uruguays und liegt direkt an der Küste des atlantischen Ozeans. Mit 1,3 Millionen Einwohnern ist sie die größte Stadt dieses Landes, welches insgesamt nur 3,4 Millionen Einwohner hat. Man sagt, in Uruguay gibt es mehr Rinder als Einwohner. Da sich Südamerika ja auf der Südhalbkugel der Erde befindet, war dort der Winter gerade vorbei und der Frühling begann. Die Winter sind dort eher mild, sodass wir angenehme Temperaturen von etwa 18 Grad am Tage hatten. In Uruguay wird spanisch gesprochen, und man kam mit englisch nicht immer weiter. Allerdings kamen mir dort meine Lateinkenntnisse sehr zugute, sodass ich vieles verstehen konnte, was geschrieben stand. Seit 1830 ist Uruguay eine unabhängige Demokratie.
Der Spielort befand sich im Ballsaal des Sheraton Hotels. Die WM-Teilnehmer waren nicht alle gemeinsam untergebracht, so wie es in den letzten Jahren der Fall war, sondern auf verschiedene Hotels der Stadt verteilt. Unser Hotel befand sich glücklicherweise direkt gegenüber vom Spielort, so dass man nicht auf einen Bustransfer angewiesen war.
Die Eröffnungsfeier fand am ersten Abend in einem beeindruckenden Gebäude statt, war allerdings nicht ansatzweise mit so viel Aufwand und Mühe gestaltet wie es im letzten Jahr in Russland der Fall war. Die 350 Spieler der Weltmeisterschaft kamen aus 50 Nationen und starteten in den Altersklassen U14 bis U18. In meiner Altersklasse, also der U16 weiblich, waren es 60 Teilnehmer. Meine Gegnerinnen kamen aus Peru, Ecuador, USA, Kolumbien, Österreich, Argentinien, Japan, Bulgarien, Russland und Chile.
Lara gegen Catherine Suito Nakasone aus Argentinien
Gespielt wurden 11 Runden mit jeweils 4 bis 5 Stunden dauernden Partien. Während des Turniers habe ich mich nur auf das Schachliche konzentriert: intensive Vorbereitung mit meinem Trainer auf die anstehende Partie und stundenlanges studieren von Eröffnungen und Taktiken waren tagesausfüllend. Glücklicherweise gab es zur Hälfte der WM einen freien Tag, sonst hätte ich wohl kaum mitbekommen, wo ich eigentlich bin. Mit 3 Punkten aus den ersten 5 Runden (zwei Siege, zwei Remis, eine Verlustpartie) war ich nicht ganz zufrieden, sodass mir die Pause des “Free Days“ sehr entgegenkam.
Diesen Tag nutzte ich dazu, mir die Stadt anzusehen. Da es in Montevideo keine Straßen- oder U-Bahnen gibt, fahren zahlreiche Busse kreuz und quer durch die Stadt. Es gibt keine Fahrpläne, man stellt sich an eine Haltestelle und hält vorbeikommende Busse einfach per Handzeichen an. Eine Fahrt kostet immer 33 Pesos (ein Euro). Alle Straßen sind Alleen mit großen Bäumen, prunkvolle Gebäude und Plätze wechseln sich mit älteren, heruntergekommenen Bauten und Stadtvierteln ab. Sehr modern und glänzend sind die vielen Passagen und Modeläden. Das Zentrum der City ist die Plaza Independencia mit dem beeindruckenden Palacio Salvo und weiteren imposanten Gebäuden wie dem Präsidentensitz Torre Ejecutiva und dem uralten Teatro Solis. Unsere Tour endete in der Mercado del Puerto. In dieser rustikalen Markthalle am alten Hafen sind sehr viele Restaurants, die alle einen offenen Holzgrill haben. Man sitzt wie in Bars und isst direkt am Tresen sein Steak. Insgesamt war es ein schöner Tag mit vielen neuen Eindrücken dieser südamerikanischen Stadt.
Im weiteren Turnierverlauf traf ich auf mehrere Spielerinnen, die ich bereits von vergangenen Weltmeisterschaften kannte. Die nun folgenden Runden 6 bis 11 verliefen sehr gut: mit weiteren 3 Siegen, zwei Remis und nur einer Verlustpartie aus diesen Runden konnte ich mich an der Spitze platzieren.
Ich hatte mir insgeheim in diesem Jahr eine Top-10-Platzierung vorgenommen, wusste aber aus den letzten Jahren, wie schwierig das sein wird. Die letzten Wochen vor der WM habe ich mein Training sehr intensiviert. Auch hatte ich die kompletten Sommerferien dazu genutzt, mich mit zahlreichen Turnieren, Seminaren und Trainingsstunden auf die WM vorzubereiten.
Mit einem Ergebnis von 7 Punkten aus 11 Runden habe ich es tatsächlich geschafft und bin 10. geworden. Auf der Siegerehrung wurden die ersten 10 Plätze geehrt, sodass ich eine Medaille, ein Zertifikat und viele Gratulationen der Organisatoren auf der Bühne entgegennehmen durfte.
Zusätzlich haben die Eindrücke des Landes, die Eigenarten der Einwohner und die Begegnungen mit den Menschen aus den verschiedenen Nationen diese Weltmeisterschaft zu einem beeindruckenden und tollen Erlebnis für mich gemacht.
Laras WM-Blog:
http://www.sk-lehrte.de/blog.php?file=wmblog
Bericht der Niedersächsischen Schachjugend:
Auch der Anzeiger Lehrte (HAZ) berichtete darüber: