„Was gefällt uns eigentlich nicht in Lehrte?“ und „wie können wir unsere Stadt ansprechender für Jugendliche gestalten?“. Das sind die Leitfragen, mit denen sich die SchülerInnen der Klassen 9a, 9b, 9c und 9d in der Woche vom 02.02.22. – 04.02.22 in dem Projekt “Pimp Your Town„ beschäftigt haben. „Pimp Your Town!“ ist ein zeitlich begrenztes Jugendparlament, in dem Jugendliche parlamentarische Demokratie erleben, eigene Ideen entwickeln, diese mit Abgeordneten besprechen und die Umsetzung im politischen Prozess verfolgen. Geplant und durchgeführt wird das Projekt von dem Verein „Demokratie zum Anfassen e.V.“
Nach einem herzlichen, schülernahen Grußwort von Bürgermeister Frank Prüße und einem kurzen Workshop zu den Grundlagen der Lokalpolitik gingen die SchülerInnen direkt in die „Ideenfindungsphase“. In dieser Phase formulierten sie in Kleingruppen konkrete Vorschläge wie zum Beispiel die „Verschönerung des Lehrter Schwimmbades“ oder „ die Aufstellung kostenloser Wasserspender an zentralen Punkten in der Stadt“.
Am Donnerstag stand die Auswahl und Ausarbeitung der zuvor gesammelten Vorschläge im Zentrum. Dazu wurden verschiedene Ausschüsse gebildet, Ausschussvorsitzende gewählt und drei Ausschusssitzungen durchgeführt. Begleitet wurden die Schülerinnen dabei nicht nur von den Betreuern des Vereins, sondern von „echten“ Ratsmitgliedern des Lehrter Stadtrates. Diese standen den SchülerInnen mit Rat und Tat und viel Engagement und Empathie zur Seite und erläuterten den jungen Lokalpolitikern nicht nur, wie man Sitzungen leitet und Anträge formuliert, sondern sie legten auch offen, wie man geschickt argumentiert und so verhandelt, dass die Ideen auch eine Chance auf Umsetzung haben. Denn eins haben die Schülerinnen sehr schnell erkannt: „Eine Idee kann noch so gut sein, ohne eine entsprechende Mehrheit ist sie wertlos!“
Den Höhepunkt des Projektes bildete die große Ratssitzung am Freitag, in der alle Vorschläge, die es auf die Tagesordnung geschafft haben, verhandelt wurden. Eröffnet wurde die Sitzung von Schulleiterin Silke Brandes, die – selbst jahrelang in der Lokalpolitik tätig – den SchülerInnen ans Herz gelegt hat, sich wann und wo immer möglich politisch einzubringen und (Mit-)Verantwortung für die Geschicke der Stadt zu übernehmen.
Die Sitzung selbst leitete der Stadtratsvorsitzende Dirk Werner. Dieser führte alle Beteiligten souverän durch die Tagesordnungspunkte und hat bei den zahlreichen Wortmeldungen der „Abgeordneten“ an keiner Stelle den Überblick verloren. Zum Ende der Sitzung fand Herr Werner lobende Worte für die kreativen Ideen der SchülerInnen und betonte, dass es eine tolle Erfahrung war, eine Sitzung zu leiten, die nicht vom sogenannten Fraktionszwang geprägt war, denn die Schülerinnen haben ihr freies Mandat sehr ernst genommen und zur Not auch mal gegen die Linie der eigenen Partei abgestimmt. Aber der Ratsvorsitzende fand auch nachdenkliche Worte, indem er auf aktuelle Angriffe und Bedrohungen gegenüber Lokalpolitikern in Deutschland aufmerksam machte und die SchülerInnen aufforderte sich einzubringen, aber unbedingt nach den Spielregeln der Demokratie.
Insgesamt freut sich die Fachgruppe Politik-Wirtschaft über drei sehr gelungene Tage lebendigen Politikunterricht, über anregende Gespräche mit Politikern vor Ort und über SchülerInnen, die für sie ganz neue Rollen ganz hervorragend ausgefüllt haben.
Solltet ihr und sollten Sie demnächst feststellen, dass es neue Spielgeräte auf Spielplätzen gibt, ein Fitnessparcours die Stadt bereichert oder das Fahrradwegenetz weiter entwickelt wurde, liegt es möglicherweise auch daran, dass 120 SchülerInnen drei Tage lang mit engagierten Lokalpolitikern ernsthaft Politik betrieben haben.
Für die Fachgruppe Politik-Wirtschaft
Mike Nolte
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Über diese Veranstaltung berichtete auch Sandra Köhler in der HAZ/NP:
Gymnasiasten entdecken die Lokalpolitik
Schüler entwickeln Verbesserungsvorschläge und verteidigen sie in einer simulierten Ratssitzung
Pimp Your Town! Das heißt „Mach deine Stadt besser“. Wie das funktioniert, nämlich mittels Mitarbeit in der Kommunalpolitik – das finden die Neuntklässler des Lehrter Gymnasiums aktuell heraus. Beim Demokratieplanspiel des Vereins „Politik zum Anfassen“ versetzen sie sich drei Tage lang in die Haut eines Mitglieds des Stadtrates. Beratung in Fachausschüssen, Abstimmung in einer fiktiven Ratssitzung und Kontakt mit „echten“ Politikern wie Christian Gailus (Grüne), Oliver Gels (Wir für Lehrte), Frank Scherling (SPD), Timo Böning (SPD) und Michael Clement (SPD) inbegriffen.
Für das Gymnasium Lehrte ist „Pimp Your Town!“ (PYT) eine Premiere. Eigentlich war sie bereits für das vergangene Jahr geplant, gemeinsam mit der IGS, sagt der Fachleiter für Politik, Maik Nolte: „Aber das ging wegen Corona nicht.“ Umso größer ist die Freude, jetzt endlich wieder einmal ein Projekt anbieten zu können. Und zwar eines, das die schnöde Theorie mit ganz viel Leben füllt. Zudem eines mit Synergieeffekt: „So kommen die Politiker auch einmal in Berührung mit einer Zielgruppe, die ihnen sonst nicht ganz so nahe liegt“, sagt PYT-Projektleiter Michael Domke.
Bürgermeister Frank Prüße (CDU) jedenfalls findet die Aktion am Gymnasium super. Und nutzt gleich die Gelegenheit, bei den 100 Schülerinnen und Schülern eine Lanze zu brechen für die Kommunalpolitik, in der sich – so gar nicht langweilig – handfest etwas bewirken lasse: „Versucht es, geht in die Parteien und macht mit. Und auch wer sich nicht an eine Partei binden will, findet Gelegenheit dazu“, sagt der Bürgermeister.
Doch bevor es losgehen kann mit Fraktionsarbeit und dem Formulieren von Anträgen zu besseren Radwegen und Angeboten für Jugendliche stellt sich die Frage: Wofür ist die Stadt eigentlich zuständig und was ist Landes- oder gar Bundessache? Zeit für einen spielerischen Crashkurs in Sachen Lokalpolitik, der Kenntnisse aus Jahrgang acht wieder auffrischt. Beim Zuordnen von Begriffen wie Universität, Feuerwehr und Verteidigung wird heftig diskutiert. „Die Autobahn gehört zum Bund. Halbe Autobahnen in einzelnen Ländern funktionieren nicht“: Vanessas Argument überzeugt schließlich.
Schon steht die nächste Frage im Raum: Wer darf eigentlich in den Lehrter Stadtrat? Nur Leute mit Abitur? Gibt es ein Höchstalter, um sich politisch zu engagieren? Mindestens 18 Jahre alt muss man sein, seit mindestens drei Monaten in der Kommune gemeldet sein und einen Pass aus einem EU-Land haben, erfahren die Jugendlichen von Friedjof Ohms. Dass Schulabschluss und Berufsausbildung keine Rolle spielen, löst Staunen aus.
Doch jetzt geht es ans Eingemachte: „Was in Lehrte findet ihr so richtig schlecht und welche Ideen habt ihr, um es besser zu machen?“ Das Brainstorming kann beginnen. Wie im echten politischen Leben werden Ideen zu Anträgen verarbeitet, die dann in den zuständigen Fachausschüssen diskutiert und schließlich vom Rat beschlossen oder verworfen werden. Übrigens: Die Ideen landen nach Projektende nicht im Papierkorb – sondern im Rathaus und vielleicht sogar demnächst auf der Tagesordnung des echten Lehrter Stadtrates.
Dafür, dass auch die mediale Aufbereitung nicht zu kurz kommt, sorgen das „Paparazzi-Team“ unter der Anleitung der PYTlern Janne Geyer, Dagmara Wrobel und Ben Schumacher. Ein Magazin, ein Film und viele Fotos werden in den kommenden Tagen entstehen. Dann erklärt Dagmara den Nachwuchsfotografen, was bei ihrer Arbeit besonders wichtig ist. Niemals gegen das Licht fotografieren. Darauf achten, dass das Hauptmotiv auch fokussiert wird. Und: Unter gar keinen Umständen jemanden auf das Bild bannen, der das nicht will. (Sandra Köhler)