Am Donnerstag, dem 24. Januar 2019, um 8.00 fuhren wir, die Klassen a, d und e des elften Jahrganges, in zwei Reisebussen zur „Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn“ in Sachsen-Anhalt. Die Gedenkstätte an der ehemaligen Grenzübergangsstelle Marienborn befindet sich logischerweise nahe der Grenze zum Bundesland Niedersachsen, die zu Zeiten der Teilung Deutschlands (1949-1990) die Grenze zwischen den beiden deutschen Staaten, der BRD und der DDR, darstellte. Aufgrund des starken Transitverkehrs zwischen der BRD und West-Berlin durch Marienborn war die Grenzübergangsstelle Marienborn die bedeutendste an der innerdeutschen Grenze.
Geländeführung
Nach einer kurzen Begrüßung durch den Leiter der Gedenkstätte, begann unser Besuch mit einer klassenweisen Geländeführung. Ehrenamtliche zeigten uns den Zollbereich zur Passkontrolle, die Abfertigungsbereiche für in die DDR einreisende Pkw und Lkw und den Kommandoturm mit Blick auf das Gelände und die Autobahn A2.
Über Fließbänder wurden die Pässe in die Kontrollgebäude befördert. Dort wurden die Pässe mit den Fahndungslisten abgeglichen. Einige passierende Pkw wurden in Kontrollgaragen gründlich auf Schmuggelware oder Personen überprüft. Teilweise wurden, vom Kommandoturm gesteuert, Barrieren auf die Autobahn geschoben, um Fahrzeuge im letzten Augenblick an der Durchfahrt zu hindern.
Zeitzeugenbericht
Im Anschluss trafen alle drei Gruppen in einem Seminarraum wieder aufeinander. Nach einer kurzen Pause begann der nächste Programmpunkt: der Zeitzeugenbericht.
Der Zeitzeuge, ein 1946 geborener Mann, der am Neujahrstag 1978 die Flucht aus der DDR über die Grenzübergangsstelle Marienborn versuchte, jedoch scheiterte.
Etwa zwei Stunden lang berichtete er uns anfänglich von seiner Kindheit, seiner christlichen Haltung, familiären Umständen und wieso er im entscheidenden Moment beschloss zu fliehen. Mit seiner Frau und zwei Kindern versteckte er sich im Kofferraum des großen Autos eines Freundes aus der BRD, den er im weiteren Verlauf seiner Erzählung als Fluchthelfer bezeichnete.
Da die DDR finanziell vom Westen abhängig war, galt ein Transitabkommen, das vorsah, dass Autos nur bei „begründetem Verdacht“ kontrolliert werden durften.
Das Ministerium für Staatssicherheit, von ihm „Horch und Guck“ genannt, bekam unter anderem über seine Patentante, die zuvor vom selben Fluchthelfer erfolgreich über die Grenze gebracht wurde, heraus, dass er auch flüchten würde. Bestärkt wurde diese Vermutung durch einen Halt am Rasthof Börde, bei dem es Kontakt zwischen dem Fluchthelfer und einem Bekannten aus der BRD gab.
In einer der Kontrollgaragen an der Grenzübergangsstelle Marienborn wurde die Familie im Auto entdeckt. Der Fluchthelfer, seine Frau und er selbst erhielten eine Haftstrafe, die Kinder kamen zunächst in ein Heim. Seine Gefängniszeit wurde verkürzt, unter dem Zwang für die Stasi zu arbeiten. In seiner Erzählung sagte er, er sei für die Stasi „wie eine Zitrone, die man auspresst“ gewesen.
Nach dem Jahr im Gefängnis freuten er und seine Familie sich über das Wiedersehen.
Nach dem Mauerfall gab es eine „Jagd“ auf die IM, was für ihn besonders tragisch war, da er zur Mitarbeit in der Stasi gezwungen wurde.
Rückblickend nennt er seine Fluchtentscheidung „blauäugig und arglos“ und verdeutlicht, die Risiken der Flucht noch nicht gekannt und bedacht zu haben. Er würde solch eine Flucht nicht noch einmal versuchen: „Ich hätte nie einsteigen dürfen.“
Ausstellung zur innerdeutschen Grenze
Da das Zeitzeugengespräch länger dauerte als geplant, hatten wir nur wenig Zeit in der Ausstellung. Die wenige Zeit nutzten viele, um eine Pause zu machen und über die bereits gewonnen Informationen, besonders die des Zeitzeugengesprächs, nachzudenken, statt in der Ausstellung nach weiteren Informationen zu suchen.
Gedenkmal Hötensleben
Der letzte Programmpunkt war nun noch die Besichtigung des Gedenkmales Hötensleben, eine erhaltene Grenzbefestigung mit Grenzmauer, Grenzsicherungszaun, Kontrollstreifen, Schussfeld, einem Grenzturm und weiteren typischen Bestandteilen.
Hier blieb uns lediglich Zeit für einen kurzen Spaziergang über das Gelände und ein Gruppenfoto vor dem Grenzturm, damit wir pünktlich in Lehrte einkehren konnten.
Es wäre schön gewesen, vielleicht vor Ort kurz über die Anlage zu reden und zu verstehen, welche Funktionen den einzelnen Grenzbestandteilen und Zonen zukamen.
Der Besuch der Gedenkstätten war eine gute Ergänzung zum Unterrichtsstoff. Es ist auf alle Fälle lohnenswert bei der Beschäftigung mit der jüngsten deutschen Geschichte, die Möglichkeit von eindrücklichen Zeitzeugengesprächen und des Besuchs von noch erhaltenen Gedenkstätten wahrzunehmen.
Gedenkstättenbesuche helfen uns, uns bewusst zu machen, dass die Ereignisse, von denen wir sonst in Büchern so daher lesen, tatsächlich von Menschen erlebt wurden, dass sie die Leben der Menschen geprägt haben. (Katharina Brockmeyer und Jonas Prüß)