Das Ende Schulwoche machte ein Vorverlegen des Europatages nötig, der hierdurch am Freitag, den 04.05. im Gymnasium Lehrte mit einer Plenums-Diskussion begangen wurde, denn eigentlich erinnert der 5. Mai jedes Jahres an die Gründung des Europarates im Jahre 1949. Ehrengast des Tages war der Europaabgeordnete Bernd Lange, der die vom „European debate club“ der Schule entwickelten Fragen vor drei zehnten Klassen und Schülern der Europaklasse 5e bereitwillig und umfassend beantwortete.
Begonnen hatte die Veranstaltung mit der offiziellen Begrüßung durch die Schulleiterin Frau Brandes, Mike Nolte (Fachobmann Politik) und Klaus Perk (Koordinator Europa) im Büro der Schulleiterin. Hier lernte Bernd Lange (MdEP) auch die beiden Schülerinnen Katharina Wilkending und Marie Pinkert kennen, die ihn während der Veranstaltung mit den vorbereiteten Fragen löcherten, bevor dann spontane Fragen der Zehntklässler die Plenums-Diskussion beendeten.
Die Fragen gliederten sich in folgende vier Bereiche:
- Europaskepsis: Warum sind die Leute so unzufrieden?
- Thema: Der Einigungsprozess der EU — bedroht?
- Flüchtlingskrise
- Wirtschaft
Zum ersten Bereich stellte Marie Pinkert die These auf: Die EU entfernt sich von den Bürgern — wie kann und muss die nationale Politik als auch die Politik auf europäischer Ebene darauf reagieren, um Begeisterung und Euphorie für die Idee Europa zu wecken? Hierzu stellt sie folgende Frage: Benötigt die EU ein neues Narrativ, um Menschen zu begeistern? Bernd Lange sah das Hauptproblem darin, dass alle negativen Aspekte der EU zugeschoben werden und gute Entwicklungen von den jeweiligen Nationalstaaten für sich in Anspruch genommen werden. Ein Frieden in Europa seit 70 Jahren sei ein Wert für sich. Zum Stichpunkt Erasmus betonte er: „Erasmus ist das Wurzelgeflecht, das Europa zusammenhält – Deshalb werden aktuell die Mittel hierfür aufgestockt.“
Zum zweiten Themenkreis lautete die Eingangsfrage: „Wie groß ist Ihrer Einschätzung nach die Gefahr von nationalen Egoismen für den Zusammenhalt der EU?“ Lange sah ein großes Problem darin, dass singulär auftretende Phänomene durch soziale Medien und „Trolle“ viel zu sehr aufgebauscht würden. Wir alle müssten daran arbeiten, Vereinfachern und Verbreitern von Fake-News die rote Karte zu zeigen. Auf die Frage: „Wie kann die EU dazu beitragen, auch in den nächsten 60 Jahren Frieden zu gewährleisten?“ antwortete er mit einem Willy-Brandt-Zitat: „ Nichts ist ewiglich, alles muss neu erstritten werden.“ Als Katharina Wilkending nach dem Konzept eines gemeinsamen Militärapparats fragte, stellte Lange die nüchterne Wirklichkeit heraus: 34 unterschiedliche Panzertypen. Was vorrangig sein müsse, sei eine gemeinsame Strategie.
Im Themenbereich Flüchtlingskrise stellten die Fragerinnen die These auf: Die Grenzzäune werden wieder aufgebaut, das Schengener-Abkommen erscheint obsolet. Tausende von Flüchtlingen ertrinken im Mittelmeer. Dies gipfelte in der Frage: „Ist die Würde der Menschen doch antastbar?“ Hier setzte Lange ein klares „Nein“ dagegen und erinnerte an 2015, wobei er unheimlich stolz auf die Welle der Hilfsbereitschaft in Deutschland war. Dass heutzutage die Stimmung kippt, läge auch an den sozialen Medien, in denen Stimmung gegen die Asylsuchenden gemacht werde. Ein eklatantes Beispiel sei ein Bild mit koptischen Christen mit typischen Kopfbedeckungen, die als Beispiel zunehmender Islamisierung missbraucht wurde. Hinsichtlich der Problematik einer gerechten Verteilung der Asylsuchenden zitierte Lange geltendes Recht, wonach die Asylsuchenden dort überprüft werden müssen, wo sie europäischen Boden betreten haben. Er betonte aber auch, dass man Griechenland und Italien in dieser Situation nicht allein stehen lassen könnte.
Im vierten Fragenkomplex: „Wirtschaft“ wurde die Frage nach den Konsequenzen der momentanen US-Amerikanischen Wirtschaftspolitik und die Rückkehr von wirtschaftlichem Protektionismus auf die EU aufgeworfen. Hier brachte Lange aktuelle Entwicklungen ins Spiel, als er die geplanten 25% Strafzölle auf Stahl ansprach. Für Europa würde dies bedeuten, dass Exporte zurückgehen würden.
Als dann Fragen aus dem Plenum gestellt wurden, ging es zunächst um die Zeit, die Lange schon Europaabgeordneter ist und welche Schwerpunkte er hat. Er beantwortete dies mit „Seit 1994, mit vier Jahren Unterbrechung. Die Schwerpunkte sind Luftreinhaltung, bei der ich Fortschritte auch in meiner Heimatstadt Burgdorf bewirkt habe, und eine Industriepolitik, die Nachhaltigkeit und ökonomische Interessen verbindet. Außerdem bin ich Vorsitzender des Ausschusses für Internationalen Handel (INTA) und Mitglied im Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie (ITRE).“ Eine gänzlich unpolitische Frage nach dem privat benutzten Motorrad beantwortete er mit “BMW RS 1200”.
Insgesamt war die dies eine gelungene Veranstaltung, die von Klaus Perk und seinem „European debate club“ hervorragend vorbereitet wurde, was der anhaltende Beifall am Ende bestätigte.
Das Moderatorenteam und sein Gast: Katharina Wilkending, Bernd Lange und Marie Pinkert