Es waren Bilder wie aus alten Western-Filmen: Über 100 Bohrtürme standen um 1900 in der Nähe von Wietze und führten zu der Bezeichnung Klein-Texas. Den geförderten schwarzbraunen Stoff, dessen Nutzung vom Schmieröl über medizinische Allheilmittel zum wichtigsten Rohstoff der heutigen Zeit reichte, das Erdöl, haben wir, der Chemie Leistungskurs von Herrn Halupczok, zu unserem Thema gemacht und sind dazu in das deutsche Erdölmuseum nach Wietze gefahren. Dort wurden wir schon von Wolfgang Hänsel erwartet, der uns durch das Museum geführt hat. Hänsel ist Tiefbauingenieur und hat selber 41 Jahre lang nach Erdöl gesucht und gebohrt.
Um 1800 herum nutzen die Bauern in Wietze das Erdöl, das dort an die Oberfläche trat, als Schmiermittel für ihre Karren. Dass das Erdöl hier überhaupt an die Oberfläche kommen konnte liegt daran, dass durch tektonische Gegebenheiten das in der Jura bzw.- Kreidezeit entstandene Öl in die Nähe der Oberfläche gelangte und dann aufgrund seiner niedrigeren Dichte weiter aufstieg und vom Grundwasser aufgeschwemmt wurde. Dies lässt sich noch heute in Wietze auf dem Museumsgelände beobachten.
Das Öl wurde lange Zeit nur als Schmiermittel genutzt, 1899 kam dann aber die Nutzung bzw. Verarbeitung zu Petroleum für Lampen hinzu. Seit dem wird in Wietze nach Erdöl gebohrt. Die Nutzung des Erdöls erfolgte zunächst nur für Petroleum, später wurde es aber auch für Waschmittel, Medikamente, Kosmetika und Kunststoffe genutzt. Noch heute befindet sich etwa ein Drittel des ursprünglich vorhandenen Öls in Wietze im Boden, allerdings ist die Förderung im Jahre 1963 durch die Gründung der EWG und der OPEC unwirtschaftlich geworden und wurde beendet.
Das Prinzip der Förderung hat sich über die letzten 100 Jahre kaum verändert, das heißt, dass nach wie vor ein Loch in den Boden gebohrt wird und dann das Öl aus dem porösen Trägergestein mithilfe von sogenannten Kolbenpumpen herausgepumpt wird. Hierbei erzeugt die Pumpe einen Unterdruck, der das Erdöl aus dem Stein heraussaugt.
Was sich allerdings verändert hat, ist die Technik die dahinter steht. Wurden die Löcher zu Anfang noch mit einer Ramme gebohrt, die von den Arbeitern an einem Seil hochgezogen und dann fallengelassen wurde – alleine ist diese, der Selbsttest hat es bewiesen, kaum hochzuheben – benutzt man heute Bohrköpfe mit Drehmechanismus oder Industriediamanten, die mit vielen Tonnen Last das Gestein wegmeißeln. Das zerkleinerte Gestein wird mit Wasser zu Schlamm verspült und abtransportiert, heute gelingt dies über ein Pumpsystem, früher musste dieser mit einer Schlammbüchse herausgeholt werden.
Nachdem der theoretische Teil abgehakt war, ging es nach draußen auf das Außengelände, auf dem man einen Teil des ehemaligen Ölfeldes sehen kann. Die Gerätschaften sind noch im Original erhalten und zeigen wie viel Aufwand betrieben musste, um die Maschinen anzutreiben, da man nicht an jeder der 2000 Bohrstelen eine Dampfmaschine aufbauen konnte. Somit wurden an der Dampfmaschine diverse Metallstangen in Bewegung gesetzt, die dann über komplizierte Stangensysteme den Antrieb über etliche Meter bis zur Pumpe gewährleisteten. Gleichzeitig gibt das Außengelände auch die Möglichkeit den Verlauf der Fördertechniken zu verfolgen – von der Handpumpe, über die Dampfmaschine bis hin zu elektrisch angetriebenen Förderpumpen.
Zum Ende der Führung haben wir dann noch einiges über eine weitere in Wietze praktizierte Fördermethode erfahren, den Erdöl Bergbau, bei dem Erdölvorkommen mit Schächten unterhöhlt werden, das entstehende Öl aufgefangen und dann abtransportiert und verarbeitet wurde. Alles in allem war der Besuch sehr informativ, nicht zuletzt dank unserer exzellenten Führung, und wir konnten viele Einblicke in die Bedeutung und Funktionsweise der Erdölförderung in Wietze aber auch im Allgemeinen gewinnen. (Jonas Wilkening)
Ein riesiges koloriertes Foto in der Ausstellung zeigt die Gegebenheiten um die Jahrhundertwende.